Fair-Food-Initiative

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Was bezweckt die Fair-Food-Initiative? Was bedeutet das aus ökonomischer Sicht? Und sind die Ziele auf diesem Weg überhaupt erreichbar?

Was will die Fair-Food-Initiative erreichen?

Die Fair-Food-initiative hat drei Haupt-Ziele:

  1. Die Umwelt soll generell geschont werden. Dies soll dadurch erreicht werden, dass vermehrt Produkte aus regionalem Anbau und regionaler Zucht konsumiert werden sollen, statt auf Import zu setzen. Somit können Transportwege vermieden werden.
  2. Das Tierwohl soll gefördert werden. Dies bedeutet insbesondere, dass industrielle Massentierhaltung und Tierquälerei vermieden werden sollen.
  3. Bauern sollen zu fairen Bedingungen arbeiten und verkaufen können. Diese Forderungen bezieht sich insbesondere auf Arbeitsbedingungen und Preise.

Diese Ziele sind zweifelsohne löblich – wer will denn schon nicht, dass es Umwelt, Tieren und Bauern gut geht. Vom generellen Ansatz her deckt sich das vorhaben recht gut mit Fair-Trade-Labels und Bio-Zertifikaten, was den internationalen Teil anbelangt. Die Forderungen sind daher bereits bestens bekannt und akzeptiert.
Schwieriger wird die Sache bei den Mitteln, welche die Initiative zum Erreichen dieser Ziele vorsieht. aus wirtschaftlicher Sicht stechen dabei insbesondere folgende Mittel aus dem Initiativtext hervor:

  • Vorschriften zur Zulassung von Lebens- und Futtermitteln und zur Deklaration von deren Produktions- und Verarbeitungsweise
  • Zollkontingente und Einfuhrzölle
  • Förderung der Verarbeitung und Vermarktung regional und saisonal produzierter Lebensmittel

Die anderen Punkte des Initiativtextes sind nicht zu vernachlässigen, aber aus wirtschaftlicher Sicht vermutlich von geringerer Bedeutung.

Was bedeutet das aus ökonomischer Sicht?

Um die Bedeutung der oben genannten Punkte aus wirtschaftlicher Sicht abschätzen zu können, lohnt es sich, sich die Gesetze von Angebot und Nachfrage und die Wirkung von Zöllen und Subventionen in Erinnerung zu rufen. Hier spiel der Umstand, dass es sich bei der Schweiz um eine kleine, offene Volkswirtschaft handelt, eine mit entscheidende Rolle. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Umstand, dass Menschen auf Anreize reagieren (siehe hierzu auch Blog-Eintrag „Menschen reagieren auf Anreize“).
Im vorliegenden Fall kommt allerdings noch eine juristische Komponente hinzu, welche ebenfalls wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte: Der Freihandel gemäss WTO. Hier ist die Schweiz seit 1995 Mitglied und profitiert vom Freihandel. Dieser ist gerade für kleine, offene Volkswirtschaften von besonderer Bedeutung. Er bringt aber auch mit sich, dass man sich an die Regeln hält. Dazu gehört insbesondere der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Zu den anderen Handelshemmnissen sind unter anderem Zulassungs- und Deklarationsvorschriften sowie Zollkontingente zu zählen, welche ausländische Anbieter benachteiligen. Die ersten beiden oben genannten Mittel zur Durchsetzung der Fair-Food-Initiative stehen also mit den Regeln der WTO in Konflikt. Sollte die Schweiz gegen diese Regeln verstossen, können und werden andere Handelspartner mit Gegenmassnahmen reagieren und ihrerseits Schweizer Exporte erschweren.

Doch auch ganz ohne Betrachtung der WTO ergeben sich wirtschaftliche Konsequenzen aus den Mitteln, welche die Initiative vorsieht: Verschärfte Zulassungsbedingungen und Deklarationspflichten sowie Zollkontingente und Zölle werden zu einem Rückgang des Angebots an den betroffenen Gütern führen, während die Nachfrage stabil bleibt. Dies führt zu höheren Preisen, tieferen gehandelten Mengen, oder beidem. Da der Schweizer Konsument im Vergleich mit dem Ausland sehr Zahlungsfähig ist und vermutlich nicht auf seine gewohnte Verpflegung verzichten will, ist damit zu rechnen, dass das Resultat in erster Linie höhere Preise sein werden. Dies wiederum könnte die inländische Produktion ankurbeln (falls noch freie Kapazitäten vorhanden sind), was dämpfend auf den Preisauftrieb wirken dürfte. Die Preiserhöhungen sollten also nicht dramatisch ausfallen, solange die Handelshemmnisse nicht allzu restriktiv wirken.

Das dritte oben erwähnte Mitte zur Durchsetzung der Initiative lässt sich sehr leicht in den Wunsch nach Subventionen für inländische Produktion umdeuten. Subventionen sind zwar ein allgegenwärtiges politisches mittel, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind sie aber ineffizient. Der Nutzen, den der Subventionsempfänger dadurch erfährt ist kleiner, als der Schaden, welcher dem Ausrichter der Subvention – also dem Steuerzahler – dadurch entsteht. Ausserdem haben Subventionen den Nachteil, dass sie sehr leicht einzuführen aber nur sehr schwer wieder zurückzunehmen sind. Somit wird ein Zustand „zementiert“, welcher in einigen Jahren vielleicht gar nicht mehr erwünscht ist.

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Punkt ist, dass vermehrte Anreize geschaffen würden, Produkte so zu deklarieren, dass sie den Vorgaben der Initiative entsprechen. Dies heisst aber nicht zwingend, dass sie auch so produziert wurden! Wie immer, wenn neue Vorgaben erlassen werden, sind diese nur so wirkungsvoll wie die Kontrollen, welche ebenfalls eingeführt werden müssen. Auch hier entstehen weitere Kosten für die Allgemeinheit, denn bei mangelhaften Kontrollen besteht die Gefahr, dass der Schweizer Konsument zwar mehr bezahlt als zuvor, die Ziele der Initiative aber trotzdem nicht erreicht werden. Gerade im Ausland dürfte eine Kontrolle durch Schweizer stellen nicht möglich oder zumindest nicht sinnvoll sein – man wird sich also auf externe Quellen verlassen müssen. Diese wiederum werden Anreize haben, welche nicht mit jenen übereinstimmen, welche der Schweizer Konsument sich wünscht.

Sind die Ziele der Initiative mit den Mitteln, welche die Initiative vorsieht, überhaupt erreichbar?

Die Ziele der Initiative bestehen – wie oben erwähnt – darin, dass die Umwelt geschont und das Tierwohl gefördert wird und dass Bauern zu fairen Bedingungen arbeiten und verkaufen können. Die Mittel zu diesem Zweck bestehen in erster Linie in Zöllen, weiteren Handelshemmnissen und Subventionen. Wie oben beschrieben, sind diese Mittel dazu geeignet, für steigende Preise zu sorgen. Ausserdem werden inländische Produzenten (welche im Vergleich mit vielen ausländischen Bauern schon sehr gut gestellt sind, was Arbeitsverhältnisse und Preise anbelangt) weiter bevorteilt. Schliesslich ist zu befürchten, dass die Kosten für die notwendige Kontrolle der vorgeschlagenen Massnahmen durch die Schweizer Allgemeinheit zu tragen wären und der Nutzen ausländischer Kontrollen schwer einzuschätzen wäre.

Fazit

Während die Ziele der Initiative wie erwähnt sehr einleuchtend und durchaus verfolgenswert sind, sind die Chancen, dass diese mit den vorgeschlagenen Mitteln auch erreicht werden sehr gering. Aufwand und Ertrag der vorgeschlagenen Massnahmen stehen in einem schlechten Verhältnis. Ausserdem sind die Nebenwirkungen erheblich und sprechen ebenfalls gegen die Initiative.

Es gäbe aber durchaus alternative Wege, die Initiativziele zu erreichen. Eines davon ist eine weitergehende Deklarationspflicht als bisher in Kombination mit einer vertieften Sensibilisierung der Konsumenten. Zwar ist auch das nicht gratis zu bekommen, aber viele Fehlanreize, welche durch Zölle, Handelshemmnisse und Subventionen entstehen, können vermieden werden. Die Schweiz sollte sich am besten dafür einsetzen, dass solche Deklarationspflichten auf Stufe WTO umgesetzt werden. Hier besteht nämlich ein grosses Defizit bezüglich Herstellungsmethoden, welche nicht direkt in der Produktqualität nachweisbar sind. Dies mussten auch beispielsweise die USA schon einsehen, siehe auch hier. Der Vorteil einer Regelung auf WTO-Ebene läge gegenüber einem Schweizer Alleingang vor allem darin, dass globale Standards erarbeitet werden könnten und auch die Kontrollen dementsprechend einheitlich vorgenommen werden können.

Ergänzung zur Initiative für Ernährungssouveränität

Die oben genannten Nachteile der Fair-Food-Initiative gelten auch für die Initiative für Ernährungssouveränität. Allerdings fallen die positiven Ziele komplett weg. Das einzige Ziel der Initiative für Ernährungssouveränität ist die noch stärkere Subventionierung der Schweizer Landwirtschaft – insbesondere der verkrusteten Strukturen. Diese ist per se bereits schädlich für die Schweizer Bauern, da Anreize, nach den Kundenwünschen zu produzieren, im Keim erstickt werden. Stattdessen soll der Staat sowohl Produzenten als auch Konsumenten vorschreiben, was sie für gut befinden sollen – und das zu einem horrenden Preis.

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Von Wirtschaftsversteher

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